Mein Bauch schwabbelt. Meine Brüste hängen. Meine Oberarme winken.
Manchmal, wenn ich Zeit habe, kurz vor dem Spiegel stehen zu bleiben, fällt mir das auf. Dann stört er mich, mein Mombod, und ich vergleiche ihn mit jenem Bild, das ich von mir im Kopf habe, von damals, als fünfmal Sport in der Woche tatsächlich noch ein Thema war.
Aber momentan schaffe ich es nicht einmal alle zwei Wochen ins Pilates. Mir fehlt die Energie, mir fehlt die Zeit, der eigene Körper ist nicht zuoberst auf der To-do-Liste, solange er einigermassen einwandfrei funktioniert.
Ja, manchmal stört er mich, mein Mombod. Und sehr oft stört mich noch mehr, dass er mich stört. Nach all dem, was er für mich getan hat.
Der erlaubte Bauch
Schwanger zu werden, war auch eine Befreiung. Wie schön fühlte es sich an, plötzlich einen Bauch haben zu dürfen, diesem gängigen Schönheitsideal nicht entsprechen zu müssen!
Ich gehöre zwar nicht zu den Frauen, die sonderlich gerne schwanger sind und dabei “strahlen” und “glowen”, aber diesen Punkt lernte ich zu schätzen: Ich musste den Bauch nicht mehr einziehen, weil es einfach nicht mehr ging. Und als mir die Gynäkologin in der ersten Schwangerschaft ans Herz legte, doch etwas mehr zuzunehmen, klatschte ich in die Hände vor Freude.
Ich hatte offiziell die Erlaubnis zum Bauch!
Mombod in der Schonzeit
Und als der Sohn da war und die ersten Wochen vorbei, da fühlte ich mich grossartig. Schlank im Vergleich zu den letzten Monaten, stark, und unglaublich stolz, einen Menschen auf die Welt gebracht zu haben.
Durch das Körperchen, das meistens auf mir ruhte, war mein eigener Körper vor allem ein Dienstleister. Ich war ein wandelndes Bed & Breakfast. Und manchmal war das sehr anstrengend, oft sehr schön. Ich schätzte meinen Mombod währenddessen für alles, was er da leistete. Zeit, ihn eingehend zu inspizieren, hatte ich ohnehin nicht.
Der entspannte Zustand sollte nicht lange dauern. Mit dem Ende der Stillzeit und dem Beginn des Progesteronabfalls fing mein Körper wieder an, mir zu gehören. Darauf hatte ich mich gefreut, doch jetzt schaute ich in den Spiegel und wusste nicht mehr so recht, wer das war.
Eine wie Alle
Das wird allen Müttern so gehen. Auch jenen Frauen, die zwei Wochen nach der Geburt wieder die gleichen Jeans tragen wie vor der Empfängnis. Auch sie werden bestimmt etwas an ihrem Körper finden, das sie stört. Weil wir Frauen das leider immer tun.
Und auch, weil wir von Anderen gesagt kriegen, dass wir das tun sollen. Die freche Frage, wieviel man denn zugenommen habe (und wie man gedenke, das auch wieder abzunehmen), kennt jede neue Mutter. Ebenso den Blick von Mitmüttern, der zuerst zum Kind wandert, dann direkt zum Bauch. Manchmal voller Neid, oft erleichtert.
People-Magazine flippen aus, wenn eine Frau vier Wochen nach der Niederkunft einen flachen Bauch vorweisen kann. Das Internet geht kaputt ob der Six-Pack-Mom. Und besonders anstrengend: selbstgefälliges Schulterklopfen auf Instagram mit Hashtags wie #Discipline, #Fitmom und #Hardwork.
Warum? Weil solche Hashtags suggerieren, dass es als Mutter erstrebenswert ist, möglichst schnell so auszusehen, als hätten die letzten zehn Monate nie stattgefunden. Und dass das auch für Jederfrau möglich ist, wenn sie nur hart genug trainiert. Und folglich auch: Jede, die das nicht tut oder bewusst nicht tun will, ist eine Versagerin.
Solche Aussagen erzeugen Druck. Und Druck haben Mütter nun ja schon mehr als genug.
Zurückwinken
Die Six-Pack-Mom würde verwundert ihre Abs schütteln, aber ich habe weder die Nerven noch die Zeit, mich an einem Schönheitsideal zu orientieren, das vielleicht gerade mal 1 Prozent der Bevölkerung mit Photoshop und Personal Trainer erfüllt. Ich gönne es den Frauen, die so aussehen, und hoffe sehr, sie fühlen sich auch wohl. Aber ich möchte nicht ständig suggeriert kriegen, dass ich auch so aussehen müsste, um zu genügen. Denn: Ich muss eben nicht.
Was wir erleben, verändert uns, und die Mutterschaft prägt jede Frau wie Nichts zuvor.
Meine Kaiserschnittnarbe erinnert mich an die Momente, die mich zum jetzigen Menschen gemacht haben. Mein “Muffintop” an den Fakt, dass – wie crazy ist das? – in mir drin Leben gewachsen ist. Ganze drei Mal.
Wieso hänge auch ich immer noch einem Körperideal nach, das das Wichtigste in meinem Leben komplett verleugnet? Anstatt zu lernen, zu meinem Mombod zu stehen und vielleicht sogar stolz auf ihn zu sein?
Warum feiern wir den schwangeren Körper zehn Monate lang und lassen ihn danach fallen, finden ihn auf einmal hässlich, schämen uns für ihn? Frauen, deren Kinderwunsch unerfüllt bleibt, schütteln über solche “Probleme” zu Recht den Kopf.
Ich möchte ein neues Ideal. Eines, das erreichbar ist. Eines, das zufrieden macht und mich nicht ablenkt von dem, was wirklich zählt. Ich möchte mich einfach wieder wohlfühlen können, fitter werden, die Veränderungen annehmen, ohne sie negativ zu besetzen.
Ein Ideal, das jeden Mombod umfasst, jeden Körper einer Frau, die einmal schwanger war, auch den einer Frau, die vielleicht nie ein lebendes Kind in den Armen wiegen durfte.
Ich möchte.
Nein, zugegebenermassen bin ich auch noch nicht so weit. Besenreiser, Cellulite und Lovehandles stören mich, ehrlicherweise. Ich ignoriere sie nur sehr aktiv.
Ich kann also nicht das Schweizer Postergirl werden für eine neue Mombod-Bewegung. Aber ich will versuchen, endlich nicht mehr so verdammt undankbar zu sein gegenüber meinem Körper. Er verdient meinen Respekt. Und Liebe, viel davon.
Vielleicht winken meine Oberarme.
Aber mein Baby winkt zurück.
In der Podcast-Folge “Werft die Waage weg!” habe ich mit Olivia über die Beziehung zum eigenen Körper, über Magersucht, Bulimie und Selbstliebe gesprochen.
Autorin

Andrea Jansen ist die Gründerin und Chefin von Any Working Mom. Sie reist gerne durch das Leben und um die Welt, versucht, weniger zu micromanagen und mehr zu schlafen. Sie ist Unternehmerin, Stiftungsrätin, Journalistin und Mutter von drei Kindern. Seit mindestens drei Jahren will sie ihre Website updaten und kommt nicht dazu – bis dahin findet man sie auf Insta als jansenontour.

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Fabienne
Danke danke danke für de text! You made my day! 💕
kathrin
Vielen Dank, liebe Andrea Jansen, das ist ein wunderbarer und wichtiger Text.
Lena
Toller, ehrlicher Artikel, danke! Habe mich so wiedererkannt… Weiter so, ich mag deinen Blog sehr. Liebe Grüsse, Lena
Charly
toller beitrag.. ich denke das gleiche – und bin dankbar, dass mein körper drei gesunden kindern leben geschenkt hat.. meine devise: nicht verrückt machen!
Gabi
Merci tusig für die füdliblutte Wahrheit – ich hinke grad voll diesem Thema nach und stecke ebenso mitten drin 💕. Ein Hoch auf uns Frauem und auf unsere grandiose mobile Fabrikhalle Body 💜!
Miri
Liebi Andrea
I liebes dini Texschte z läse 🙂
DANKE für dini Ehrlichkeit, i ha mi so i vielne Sätz wydererchennt!
Villich schribsch irgendwenn es Buech (we d Chind grösser si us dir längwilig wird ;-))
I bi die erscht wos chouft, du schribsch genial.
Andrea
Liebe Miri, aaawww, vielen Dank 😉 Ich sag’s Dir dann, wegen dem Buch, meine ich 😉
Chri
Achhh das liebi figur thema! ich fühle mich iin zürich manchmal unter druck! Als ich heute mit meinem sandwich durch die stadt schlenderte habe ich sicherlich 4-5 frauen gekreuzt mit salat schüsseln in den händen! Im büro muss ich mein cogi (cogi normal!!!) fast unter dem pult verstecken sonst kommt sicher eine bemerkung! So vieu zucker!!!! Low carb, superfood, vegan, läbä ohni zucker = es nervt eifach!!!! Insbesondere wenn mann noch ein paar schwangerschaftskilo auf den rippen hat!
Christine Zbinden
Liebi Andrea,
Itz bini gad sehr entspannt u ifach zfridä.
I ha so müässä grinsä,”nim Buuchiziä wills ifach nim git” ich vor nid all zu langer zit.
O süsch, erkennä ich mich i dim text umi.
Miner so schönä Jeans vo anno dazumal ligä no im Schaft, ir hoffnig si göngi umi mal… blödsinnig!
Drbi chani doch ifach glücklich si, mir hi 2 gsund Buäbä, vor ersch 8 Wuchä dr 2 Kaiserschnitt ka u cha am grossä scho umi nachäspringä, bi gsund u zwäg, ifach chli rund drbi.. üsä Körper isch äs wunder.
U gli bini niidisch we anderi gad umi usgseh wie vorhär, dä blick vo Baby zu Buuch, machi o, u i wots doch so nid, äs tuet ifach…
Nach dim Texst bini motiviert mich uf mi Körper, mich u mini Familiä ds konzentriärä umi nid mit andernä ds mässä!
DANKÄ!
P.s. Mir hi vlich o nid d müglichkiit ufenä Personalcoach u glichzittig finanzelli mittel für Nannys, dasmer chü ga Trainiärä…;-)
Gömer no chli ga Wägälä gäll:-)
Liebi Grüess
Kristiin
Janine
Vielen Dank für den wahrheitsgemässen Text. Diese Momente zwischen Stolz und Bewunderung über die Möglichkeiten des eigenen Körpers und auch einer Scham die mit Mombod und “neuen ” Brüsten einhergeht kenne ich gut.
Und genau darum habe ich mich diesen Sommer trotz Mombod und vielen Schwangerschaftstreifen dennoch fürs Bikini entschieden… weil ich darf und es praktischer ist und ich mir vorher darüber nie Gedanken machte. Wieso also jetzt?
Sandra
Andrea, du schreibst mir aus der Seele. Genialer Text, genialer Schlusssatz…
“Vielleicht winken meine Oberarme.
Aber mein Baby winkt zurück.”
🙂 🙂 🙂
Musste laut lachen. Und das um 00:58 Uhr. Hoffentlich sind meine drei Jungs davon nicht erwacht…
Kann man das Buch schon vorbestellen?!? 😉
Andrea
Hahaha…no pressure 😉
Mami
Liebe Andrea
Einer der besten Texte, die ich je gelesen habe.
Vielen herzlichen Dank dafür!
Liebe Grüsse
Mami mit Mombod
Andrea
Danke, liebe Mami anonym!
Bigi
Sehr cool, danke dafür. Wir werden es verändern <3
Isabelle
Daaaanke für dini Ehrlichkeit! Ig bi eini vo dene wo nach 3 Schwangerschafte wieder ohni Ufwand ds betribe i d Jeans vo vorher passt. Aber ou bi mir gwagglet der Buch und ig ha Müe gha dermit. So Texte wie dä go dir lö eim jedes Chinderlache grad Doppler lo gniesse! Danke!
Selina
Du sprichsch mir so us dr Seel! Merci viu mau für dä Text u di Ehrechkeit! Es duet guet zghörä, dass angerne ähnlech geit u nid nur di Instagramm-Promis zgseh mit ihrnä super Figurä nach 1 Wuche Geburt oder so 🙈 Drbi isch doch aues super u mir chöi stolz uf üs sy! 💕
Ganz liebi Grüessli
Andrea
Liebe Selina, vielen Dank für Dein Feedback. Schlussendlich geht es mir darum, dass doch jeder einfach so aussehen darf, wie er/sie möchte – und wir uns einfach mit uns selber wohlfühlen können sollten – wie auch immer das aussieht.
Linda
Sehr schöner Text. Mein zweiter Sohn ist nun 12 Wochen und nach zwei SS mit viel zu viel Fruchtwasser und zwei Kaiserschnitten sieht mein Körper entsprechend aus. Hadere da auch sehr oft mit. Jeder schaut und macht einen Kommentar „ah wie viele
Kilos musst Du denn noch abnehmen“ oder „lass mal genauer schauen, hast Du schon abgenommen?“. Als ob es nur das eine Thema gäbe!! Genau wie die Leute die fragen ob wir nun schon ans Dritte denken. Finde es immer wieder erschreckend wie persönlich Menschen beim Thema SS und Kinder werden!