Der Worst Case: Im Ausland krank werden.
„Zu Hause kann ich morgen auch unter den Bus kommen!“ So versuche ich jeweils (erfolglos, natürlich), meine Mutter zu beruhigen, bevor ich wieder meilenweit davon fliege. Und:
“Dort gibt es auch Ärzte und Medikamente.”
Stimmt – auch wenn eine medizinische Diagnose in indischem Pidgin-English den Informationswert einer Folge Teletubbies hat, wie ich selber vor ein paar Jahren im Spital auf Mauritius leider feststellen musste (die HIV-Vermutung der männlichen Nurse deckte sich zuerst nicht ganz mit dem Assessment der Ärztin – Lungenkrebs – und präsentierte sich schlussendlich als Lungenentzündung).
Item. Natürlich gibt es auch überall Medis, aber in anderer Form. Deshalb drückte mir die Kinderärztin vor unserer Familienreise in die USA einen Samichlaussack voll Zäpfli in die Hand, weil die „in den Staaten nicht so verbreitet seien“.
Beim ergonomischen Packen liess ich dann selbstverständlich die Hälfte zu Hause.
Wer braucht schon ein halbes Kilo Paracetamol in zwei Monaten?
Wir. Innerhalb einer Woche.
Der schlimmste Jetlag war noch nicht ganz überwunden, als sich der Backenzahn meiner Tochter dazu entschied, genau jetzt das Zahnfleisch hinter sich zu lassen. Nach einer unhomöopathischen Dosis Chügeli wurde gezäpfelt, soviel der Beipackzettel erlaubt – gebracht hat es wenig. Töchterli fing an zu glühen. Am Wochenende (wann sonst?) landeten wir dann in der Urgent Care in Los Angeles, wo ein gelangweilter Notarzt zusätzlich eine Halsentzündung diagnostizierte.

Die Kleine war zwei Tage später wieder purrlimunter. Ich freute mich auf Sightseeing und Santa Monica Pier und Malibu und Baywatchrettungsschwimmer mit Sixpacks…
…bis der Mann aus dem Bett kroch – und gleich wieder hinein. Grippe. Die Hardcore-Version.
Die Rettungsschwimmer sah ich aus der Ferne von der Rutschbahn aus. Ich, meine Kinder und die südamerikanischen Nannies verbrachten die nächsten drei Tage auf dem Spielplatz.
Meine Kinder haben etwas Spanisch gelernt. Und ich?
- Immer die GANZE Reiseapotheke vom Kinderarzt mitschleppen und nicht meinen, man wisse es besser. Wir hatten danach noch drei Zäpfli übrig für die nächsten zehn Wochen*. Unsere Reiseapotheke sieht folgendermassen aus, wobei natürlich das individuelle Reiseziel mit in Betracht gezogen werden sollte. Kein Anspruch auf Vollständigkeit oder medizinische Kompetenz (einfach viel praktische Erfahrung) und auch die einzelnen Medikamente sind natürlich austauschbar:
- Verbandsmaterial, Pflaster, Steristrips, Sprühpflaster
- Fiebermesser
- Nagelschneider
- Desinfektionsspray
- Bepanthen Wundsalbe
- Bioflorin
- Itinerol B6 für Kinder gegen Übelkeit / Erbrechen
- Normolytoral Rehydrationslösung (Wiederaufbau bei Durchfall / Erbrechen)
- Dafalgan Schmerzzäpfchen
- Algifor Schmerzmittel (kann alternierend mit Dafalgan eingesetzt werden)
- Augentropfen
- Fiebermesser
- Feniallergtropfen gegen allergische Reaktionen oder u.U. für den Flug.
- Fenistil gegen Hautreizungen
- Betnesol gegen allergische Erkrankungen (nur nach Absprache mit Arzt)
- Nasenspray Kinder / Erwachsene
- Mückenschutz
- Mebucaine f o.ä. gegen Halsschmerzen
- Buscopan (Bauchschmerzen)
- Kohletabletten / Lactoferment
- Panadol (Schmerzmittel, fiebersenkend)
- Pyralvex für Entzündungen im Mund (nur Erwachsene)
- Pretuval (Erkältungssymptome)
- Fraxiparine-Spritze für Schwangere im Flugzeug gegen Thrombose
- Für Babys: Zahnkügelchen / Gel / Beissring
- Sonnenschutz
- Tipp einer Leserin: Bouillon mitnehmen für 1. Hilfe bei Durchfall
Hier die Liste noch als PDF zum Download:
- Nicht nur eine zusätzliche Reiseversicherung abschliessen, sondern auch genau nachlesen, was da drin steht und ob es eine medizinische Hotline gibt. Ebenfalls lohnt es sich unbedingt, eine Annullationsversicherung abzuschliessen, falls ein Kind wegen Krankheit einen Flug nicht antreten kann.
- Falls möglich, vor der Anreise bei einer lokalen Familie abklären, wo man vor Ort in dringenden Fällen Hilfe bekommt. Für L.A. zum Beispiel hier. Erspart panisches Googeln um Mitternacht.
- Vor der Reise das Immunsystem auf Vordermann bringen – richtig essen, richtig schlafen, Vitamine aufladen. Haben wir zugegebenermassen komplett verhängt.
Das hatten wir davon.
Dieser Beitrag wurde erstmals am 24.10.2015 als Teil meines Hawaii-Reiseblogs bei Blick.ch veröffentlicht. Er wurde für Any Working Mom stark überarbeitet.
*Selbstverständlich (und worauf auch die freundlich-zuvorkommenden Blick-Kommentarschreiber Heinz, Fritz und Annegret hingewiesen haben) erhält man in einer Stadt wie L.A. auch um drei Uhr morgens in einer Pharmacy Medikamente. Ob man sich aber in dieser Situation auf eine gelangweilte High-School-Studentin, die im CVS die Nachtschicht schiebt, verlassen möchte, ist jedem selber überlassen.
Autorin
Andrea Jansen ist die Gründerin und Chefin von Any Working Mom. Sie reist gerne durch das Leben und um die Welt, versucht, weniger zu micromanagen und mehr zu schlafen. Sie ist Unternehmerin, Stiftungsrätin, Journalistin und Mutter von drei Kindern. Seit mindestens drei Jahren will sie ihre Website updaten und kommt nicht dazu – bis dahin findet man sie auf Insta als jansenontour.
#daschamebruche aus unserem Concept Store
Stefanie
Danke für die Tipps, Andrea. Merk mir das für unsere Reise (goht leider grad no es bitzli). Tja und die guten Zäpfli gibt es hier nicht Mal in London! Man könnte meinen… Ich lass mir die immer haufenweise mitbringen. Gute Reise!
Andrea
Liebe Stefanie, vielen Dank! Und bis am 12. November in live?
Stefanie
Huch…erst jetzt gesehen! Das ist wirklich doof mit der Kommentierfunktion auf den Blogs, dass es keine Benachrichtigungen gibt.
Yep, bis am 12. November. Freue mich. Auf bald, Stefanie
Franziska
Passend dein Bericht 😉 Am Montag geht’s los für 2 Monate nach Schweden und Finnland mit unseren 2 Töchtern (2 und 4) 🙂 – unsere Reiseapotheke sieht recht ähnlich aus. Dank deinem Erfahrungsbericht lass ich nun nichts zu Hause. Hab mir schon überlegt, auf was wir verzichten wollen/könnten… 😉
Lese immer wieder gerne deinen Blog! 👍
Andrea
Liebe Franziska, herzlichen Dank für’s Feedback! Ich bin wohl übervorsichtig, aber die Erfahrung hat gezeigt: man braucht die Medis meistens Samstag Nachts um 4 Uhr…. Schöne Reise!
Franziska
Danke für die Liste! Da kommt das nächste Mal doch noch was Neues mit….
Bei uns immer mit dabei ist Riopan gegen saures Aufstossen und Voltaren-Gel bei Verstauchungen / Zerrungen.
Seit Neuestem auch Dafalgan-Pulver gegen (Kopf)schmerzen- für Kinder ab 6, mit Erdbeer-Vanille-Geschmack. Zäpfchen gehen nicht mehr, Tabletten können / wollen sie nicht schlucken.
Ich schwöre auf Ibu-Lysin als Kopfschmerzmittel- nehme ich immer 1-2 Tabletten ins Flugzeug für mich.
Andrea Jansen
Super, vielen Dank!
Eliane
Dieser Beitrag ist schon etwas älter – hätte ich ihn doch vorher gefunden, gelesen und zu Herzen genommen…
wir waren 3 Wochen mit dem VW-Bus unterwegs Richtung Norden – Ziel: Schweden (wie irgendwie ALLE!).
Mein Herzallerliebster schwört auf “Reisen mit leichtem Gepäck”. Jaja, ich auch… Aber eben, ich wollte die Reiseapotheke des Sohnes ohne Kompromisse packen. Nicht so mein Mann. Das Inhalations-Zeug vom Winter blieb also daheim.
Es ist auch etwas voluminös muss ich gestehen, das Mäskeli mit der Kunststoff-Röhre.
Wir waren also nach drei Tagen im nordesten Norden von Deutschland, haben Dänemark quasi schon gesehen und wollten am nächsten Tag auf die Fähre.
Da wurde unser Sohn krank. Wie “agworfe” Husten der übelsten Sorte. Pfeiffend, karchelnd und brodelnd… Fieber, an Schlaf nicht zu denken. Klingt irgendwie wie damals im Winter, dachte ich noch…
Ja. Am nächsten Tag anstatt auf die Fähre also zum Arzt und danach in die Kinderklinik. Inhalieren, Sauerstoff, Infusion…
Ich will ja nicht sagen, das Inhalations-Zeug hätte das alles verhindert. Aber ganz ehrlich: leichtes Gepäck in Ehren – bei der Reiseapotheke spare ich an nix mehr!