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Zusammenleben im Konkubinat: Was müssen wir beachten?

Wer nicht verheiratet ist und eine Familie gründet, sollte gewisse Dinge regeln. Tipps von der Rechtsanwältin Martina Wiegers.

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Soll ich oder soll ich nicht? In vielen Beziehungen ist die Frage nach dem Heiraten kein romantisches Werweissen. Es geht mehr ums Praktische: Wäre eine Ehe einfacher als ein Zusammenleben im Konkubinat?

Wer gerne heiraten möchte: wundervoll! Wir wollen da nullkommaniente dagegen anreden. Aber wir möchten denjenigen, die das Konkubinat vorziehen, die wichtigsten Infos an die Hand geben. Deshalb habe ich ringsum Fragen gesammelt. Und Martina Wiegers, Rechtsanwältin und Partnerin bei Legal Partners Zurich liefert die Antworten:

Wir haben noch keine Kinder, möchten aber dereinst welche. Allerdings ohne zu heiraten. Gibt es etwas, was wir jetzt schon unternehmen können, um gut darauf vorbereitet zu sein?

Sie können jederzeit einen Konkubinatsvertrag miteinander abschliessen und darin auch bereits Einzelheiten regeln, die zukünftige Kinder betreffen.

Empfehlen Sie generell, einen Konkubinatsvertrag zu machen?

Ja, ich empfehle einen Konkubinatsvertrag. Ziel ist es, nicht nur das Zusammenleben zwischen den Partner:innen zu regeln und damit zu erleichtern, sondern auch bei einer allfälligen Trennung mögliche Streitpunkte zu reduzieren beziehungsweise bereits im Voraus zu regeln.

Da im Gesetz nichts konkret geregelt ist, können bei der Auflösung des Konkubinats viele verschiedene Rechtsgebiete betroffen sein. Zum Beispiel können sich mietrechtliche, arbeitsrechtliche, kindsrechtliche, vorsorge- und erbrechtliche oder sachenrechtliche Fragen stellen. Im Streitfall kann das dazu führen, dass man verschiedene Gerichtsverfahren führen muss.

Zum Beispiel beim Mietrecht: Im Falle des Konkubinats kann es zwei Probleme geben. Entweder nur eine Partei unterzeichnet den Mietvertrag. Damit geht der andere Konkubinatspartner das Risiko ein, jederzeit aus der Wohngemeinschaft ausgeschlossen zu werden. Im Gegenzug trägt derjenige Konkubinatspartner, welcher den Mietvertrag unterzeichnet hat, das Risiko, allein für die Zahlung der Miete verantwortlich zu sein.

Unterzeichnen beide den Mietvertrag und es kommt zur Trennung, kann folgende Situation entstehen: Eine Partei weigert sich, die Kündigung zu unterzeichnen und bezahlt gleichzeitig keine Miete. Beide haften für die Miete und mietrechtliche Verfahren können sich ebenfalls lange hinziehen, in dieser Zeit tragen beide gemeinsam das Kostenrisiko der Miete.

Um solche Probleme zu vermeiden, empfiehlt es sich, das Thema Mietwohnung in einem Konkubinatsvertrag zu regeln:

– Wer bleibt nach der Trennung in der Wohnung?
– Festlegung einer Frist bis zum Auszug.
– Inventar: Wem gehört was?

Welche Dinge gehören unbedingt in einen Konkubinatsvertrag?

Folgende Themen sollten Sie beim Abschluss eines Konkubinatsvertrages regeln:

– Beteiligung an den Haushaltskosten
Aufgabenteilung
– Unterhaltszahlungen an den/die Partner:in
Vermögen und Schulden
– Auch können Sie Regelungen über einen allfälligen nachpartnerschaftlichen Unterhalt sowie die Zuteilung der Obhut der Kinder nach einer allfälligen Trennung bereits im Voraus treffen.

Ich empfehle, dem Konkubinatsvertrag immer auch ein Inventar beizulegen und es zum integrierenden Bestandteil des Konkubinatsvertrages zu erklären. Dieses sollte fortlaufend aktualisiert werden.

Welche Dinge muss man regeln, wenn ein Kind unterwegs und man nicht verheiratet ist? Gibt es bestimmte Fristen, die man zwingend einhalten muss?

Es gilt zu beachten, dass bei Konkubinatspaaren das gesetzliche Kindsverhältnis nur zur Kindsmutter entsteht. Damit zum Kindsvater auch ein Kindsverhältnis entsteht, bedarf es einer schriftlichen Erklärung gegenüber dem Zivilstandsamt, die Anerkennung der Vaterschaft. Die Anerkennung der Vaterschaft kann vor oder nach der Geburt erfolgen. Sie begründet das Kindsverhältnis rückwirkend auf den Zeitpunkt der Geburt. Erst mit der Anerkennung der Vaterschaft entsteht auch eine Unterhaltspflicht des Kindsvaters.

Bei gleichgeschlechtlichen Paaren ist seit dem 1. Januar 2018 die Adoption durch eine Person möglich, die mit dem Kindsvater beziehungsweise der Kindsmutter in einer Lebensgemeinschaft lebt.

Die gemeinsame elterliche Sorge sollte unbedingt beim Zivilstandsamt beantragt werden. Im Streitfall muss die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde zur Regelung eingeschaltet werden. Achtung: Bis zum Entscheid über die gemeinsame elterliche Sorge beziehungsweise bis zur Abgabe der gemeinsamen Erklärung hat die Kindsmutter das alleinige Sorgerecht. Damit geht das Risiko einher, dass die Kindsmutter ohne das Einverständnis des Kindsvaters mit dem gemeinsamen Kind wegziehen kann.

Das Kind trägt grundsätzlich den Nachnamen desjenigen Elternteils, der die elterliche Sorge innehat. Regelt ein Konkubinatspaar nichts, so trägt das Kind den Nachnamen der Kindsmutter. Teilen sich die Parteien die elterliche Sorge, so können sie gemeinsam bestimmen, welchen Nachnamen das gemeinsame Kind tragen soll.

Mein Partner arbeitet viel mehr als ich, ich mache mehr Care-Arbeit. Wie kann ich mich absichern, um bei einer Trennung nicht plötzlich Probleme zu kriegen mit meinen Finanzen und der Altersvorsorge?

Zunächst sollten sich beide Parteien gegenseitig bei der jeweiligen Pensionskasse als Partner:in anmelden. Dabei ist es wichtig, das Reglement der Pensionskasse genau anzuschauen, da die Begünstigung jeweils unterschiedlich geregelt ist.

Zusätzlich ist der Abschluss einer Lebensversicherung zu prüfen. Eine weitere Lösungsmöglichkeit stellt die freiwillige Einzahlung der finanziell leistungsstärkeren Partei in die Pensionskasse der haushaltführenden Partei dar. Abschliessend kann man in einem Konkubinatsvertrag eine nachpartnerschaftliche Unterhaltspflicht vereinbaren.

Wie soll ich mein Kind absichern, wenn ich im Konkubinat lebe? Ich habe gehört, ich könne es z.B. in die Pensionskasse mit reinnehmen?

Sollten Sie oder Ihre/Ihr Partner:in versterben, so haben Ihre Kinder Anspruch auf eine Waisenrente, sofern eine Unterhaltspflicht zu Ihren Kindern bestanden hat (Art. 20 BVG). Es empfiehlt sich, das Reglement Ihrer Vorsorgeeinrichtung genau anzuschauen, da unter Umständen auch Sie oder Ihre Kinder Hinterlassenenleistungen empfangen könnten.

Die gesetzliche Regel besagt, dass die Eltern gemeinsam, ein jeder nach seinen Kräften, für den gebührenden Unterhalt des Kindes sorgen. Sie haben insbesondere die Kosten der Betreuung, Erziehung, und Ausbildung des Kindes zu tragen.

Es steht Ihnen frei, jederzeit einen Unterhaltsvertrag abzuschliessen. Diesen müssen Sie von der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (Kesb) genehmigen lassen, damit er für beide Elternteile verbindlich und rechtlich durchsetzbar wird.

Trennen Sie sich von Ihrer/Ihrem Partner:in und haben noch keinen Unterhaltsvertrag abgeschlossen oder können sich nicht einigen, so wird der Unterhalt vom Gericht festgelegt. Der Weg zum Gericht führt entweder über die Kesb, welche Ihnen nach einem gescheiterten Einigungsversuch eine Klagebewilligung für den Gang ans Gericht ausstellt. Alternativ kann ein Schlichtungsverfahren beim Friedensrichter eingeleitet werden, wo ebenfalls eine Klagebewilligung ausgestellt wird, wenn keine Einigung gelingt. 

Wir leben im Konkubinat und mein Partner zahlt mir eine Art Unterhalt, weil er mehr arbeitet und ich mehr Care-Arbeit mache. Wie können wir das Geld denn besser aufteilen, wenn wir im Konkubinat leben? Wie sieht es steuerrechtlich aus?

Während dem Konkubinat besteht keine gesetzliche Pflicht zur Leistung von Unterhalt an die Gemeinschaft. Einen solchen Unterhalt können Sie jedoch in einem Partnerschaftsvertrag vereinbaren.

Ihr Partner kann im Konkubinat Zahlungen an die Gemeinschaft für Ihre Care-Arbeit leisten. Solche Zahlungen gelten nicht als Lohn im Sinne des AHV-Gesetzes. Entsprechend muss Ihr Partner alles als Einkommen versteuern und kann keine Steuerabzüge geltend machen.

Bezahlt Ihr Ex-Partner Ihnen nach Auflösung des Konkubinats freiwillig oder aufgrund einer Vereinbarung nachpartnerschaftlichen Unterhalt, so müssen sowohl Ihr Ex-Partner als auch Sie das Geld als Einkommen versteuern.

Wie können wir uns gegenseitig absichern im Konkubinat?

Zwischen Konkubinatspartnern besteht weder ein gesetzliches Erbrecht, noch ein gegenseitiger Pflichtteilsanspruch.

Sie können Ihre/Ihren Konkubinatspartner:in somit nur in einem Testament im Umfang der frei verfügbaren Quote begünstigen und/oder Vermächtnisse ausrichten. Sie müssen Ihr Testament eigenhändig niederschreiben und unterzeichnen.

Auch möglich ist der Abschluss eines Erbvertrages, entweder nur mit Ihrer/Ihrem Konkubinatspartner:in oder auch unter Miteinbezug Ihrer Kinder. Ein Erbvertrag ist zwingend unter Beizug von zwei Zeugen öffentlich zu beurkunden.

Es gilt aber zu beachten, dass der Erbanteil bei Erhalt versteuert werden muss (Ausnahme kantonal unterschiedliche Steuerfreibeträge, z.B. Zürich CHF 50’000) und in vielen Kantonen keine reduzierten Steuersätze für Konkubinatspartner:innen anwendbar sind.

Weiter können Sie Ihre/Ihren Partner:in in der dritten Säule begünstigen.

Für den Fall einer Trennung ist es möglich, bereits im Voraus in einem Konkubinatsvertrag gewisse Themen zu regeln und so beispielsweise eine nachpartnerschaftliche Unterhaltspflicht zu vereinbaren.

Wir wollen ein Haus kaufen und überlegen uns, ob das im Konkubinat gut klappt. Oder wäre es fast einfacher, wenn wir verheiratet wären?

Eine Heirat bedeutet nicht zwingend eine Vereinfachung betreffend Thema Hauskauf. Die meisten Tipps im Zusammenhang mit einem Hauskauf gelten für Ehepaare und Konkubinatspaare gleichermassen.

Wichtig ist insbesondere die Wahl der richtigen Eigentumsform. Sie können ein Haus immer entweder im Allein-, Mit- oder Gesamteigentum erwerben. Dies gilt sowohl unter Ehepartnern als auch für Konkubinatspartner. Die Eigentumsform sollte bestenfalls der Herkunft der finanziellen Mittel entsprechen.

Ist eine Familienliegenschaft als Alleineigentum im Grundbuch eingetragen, sollte zwingend ein Mietvertrag abgeschlossen werden, der die Höhe des Mietzinses und die Kündigungsbedingungen regelt. Tragen beide Parteien zur Finanzierung der Liegenschaft bei, macht Mit- oder Gesamteigentum mehr Sinn. In beiden Fällen sollten die Finanzierung und die allfällige Trennung schriftlich festgehalten und geregelt werden.

Generell ist bei einem Hauskauf im Konkubinat ein Konkubinatsvertrag in jedem Fall von Vorteil.

Wir sind beide getrennt und bilden nun eine neue Patchwork-Familie. Eine Heirat steht nicht im Raum. Wie müssen wir unser Leben regeln, wenn wir alle unter einem Dach wohnen und uns gewisse Dinge wie Möbel, Hausratsversicherungen, Lebensmittel etc. teilen?

Ich empfehle Ihnen, alle Ihre Anliegen in einem Konkubinatsvertrag zu regeln. Insbesondere sollten Sie festhalten, wem was gehört, wer bei einer allfälligen Trennung ausziehen muss und wer im Falle einer Trennung was behalten darf.

Wie sieht es aus mit Schulden?

Jede/Jeder Partner:in verwaltet im Konkubinat ihr/sein Einkommen selber und haftet grundsätzlich für die eigenen Schulden. Das eheliche Güterrecht ist gemäss Bundesgericht nicht auf das Konkubinat anwendbar, auch nicht analog. Das Konkubinat hat keinen Einfluss auf die Eigentumsverhältnisse und somit wirkt es sich auch nicht auf Schulden der Partner:innen untereinander oder gegenüber Dritten aus.

Solange keine Vereinbarung eine solidarische Haftung für Schulden vorsieht, haften Sie und Ihre/Ihr Partner:in je nur für Ihre eigenen Schulden.

Welche Dinge vergessen oder ignorieren viele Leute, wenn es ums Konkubinat geht?

Im Fall von medizinischen Notfällen haben Konkubinatspaare kein Entscheidungsrecht und nicht zwingend ein Recht auf Auskunft. Je nach kantonaler Regelung bekommen Sie über Ihre/Ihren Partner:in medizinische Auskunft oder nicht.

Durch eine Vollmacht können Sie sich zum Beispiel gegenseitig Besuchsrechte einräumen. Auch möglich ist eine Schweigepflichtenentbindung, damit die Ärzt:innen Auskunft über Ihren Gesundheitszustand geben dürfen. Natürlich steht Ihnen auch die Errichtung einer Patientenverfügung und/oder eines Vorsorgeauftrages offen, in welchem Sie Ihrer/Ihrem Partner:in Entscheidbefugnisse einräumen können.

Nach Auflösung des Konkubinats ist zu beachten, dass zwischen den Konkubinatspartner:innen keine Unterhaltspflicht besteht. Dies gilt unabhängig von der Dauer des Konkubinats. Eine nachpartnerschaftliche Unterhaltspflicht können Sie aber in einem Konkubinatsvertrag vereinbaren.

Hier sind jedoch die Steuerfolgen solcher Unterhaltszahlungen zu berücksichtigen. Reduziert eine/ein Konkubinatspartner:in zum Zweck der Kinderbetreuung sein/ihr Arbeitspensum, hat er/sie bei der Trennung keinen Anspruch auf Ausgleich der Pensionskasse.

Wir haben zehn Jahre im Konkubinat gelebt, Kinder gezeugt und möchten nun doch noch heiraten. Werden unsere Konkubinats-Abmachungen damit alle hinfällig?

Mit der Heirat gelten die gesetzlichen Regeln des Ehe- und Güterrechts. Zwischen Ehepartnern besteht nicht nur eine gesetzlich geregelte Unterhaltspflicht. Der/die Ehepartner:in hat auch einen erbrechtlichen Pflichtteilsanspruch, Anspruch auf die Teilung der AHV bei einer Trennung, verschiedenste Auskunfts- und Informationsrechte, was medizinische Fragen betrifft sowie auch ein Anrecht auf Leistungen aus der AHV, Pensionskasse und der Säule 3a im Falle des Todes der/des Ehepartner:in.

Aufgrund der Vertragsfreiheit ist es Ihnen möglich, Ihre Verhältnisse mit einem Konkubinatsvertrag zu regeln. Es handelt sich um einen «normalen» Vertrag, der durch eine Eheschliessung in der Regel nicht einfach erlischt, es sei denn, dies wäre im Konkubinatsvertrag selbst anders geregelt. Viele im Konkubinatsvertrag geregelte Aspekte werden sich aber mit der Eheschliessung und der Geltung des gesetzlichen Ehe- und Güterrechts erübrigen beziehungsweise durch die von Gesetzes wegen geltenden Regelungen ersetzt werden.

Achtung: Auch separat getroffene Vorkehrungen und Vereinbarungen, wie zum Beispiel Testamente, Erbverträge, Patientenverfügungen, Vorsorgeaufträge, Vollmachten etc. erlöschen durch die Eheschliessung nicht automatisch, sie gelten grundsätzlich weiter.

Porträtfoto von Anja Knabenhans - Chefredaktorin mal ehrlich AG

Autorin

Anja Knabenhans ist die Content-Chefin von mal ehrlich. Sie war viele Jahre Journalistin bei der NZZ und NZZ am Sonntag – als Schreibende oder Tätschmeisterin, manchmal auch vor der Kamera oder hinter dem Podcast-Mikrofon. 2017 stieg sie bei Any Working Mom ein. Neben ihrer Tätigkeit bei mal ehrlich macht sie ihr eigenes Ding mit ding ding ding. Während sie beruflich ihre Freude am Tüpflischiss auslebt, zelebriert sie daheim das familiäre Chaos. Sie ist Mutter von zwei Kindern im Schulalter.

Autorin

Martina Wiegers ist Rechtsanwältin, Mediatorin und Partnerin bei Legal Partners Zurich. Sie bietet ihren Mandanten rechtliche Beratung und Vertretung in den Bereichen Familien- und Strafrecht an.

Informationen zum Beitrag

Dieser Beitrag erschien erstmals am 28. November 2022 bei Any Working Mom, auf www.anyworkingmom.com. Any Working Mom existierte von 2016 bis 2024. Seit März 2024 heissen wir mal ehrlich und sind auf www.mal-ehrlich.ch zu finden.


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