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Kind, wie findest Du es eigentlich, wenn ich arbeiten gehe?

Mutter und Sohn sehen sich gemeinsam eine Fernsehsendung über arbeitstätige Mütter an. Dabei entsteht eine interessante Diskussion über Working Moms.

Text: Marah Rikli

https://mal-ehrlich.ch/kind-wie-findest-du-es-eigentlich-wenn-ich-arbeiten-gehe/

Liebe Anyworkingmom

Manchmal bin ich eine lahme Ente, ich weiss. Deshalb habe ich mir auch die SRF-Doku-Serie „SRF He!matland – Achtung Mütter!“ erst vor ein paar Tagen angetan. Vermutlich wollte mich mein Unterbewusstsein vor unnötiger Aufregung vor den Festtagen bewahren und liess es mich immer wieder herausschieben. Klar war, ich würde mich nerven: Es begann schon mit den vielen Ausrufezeichen im Titel. Ich assoziierte diese sofort mit dem Militär.

In Deckung! Stillgestanden! Die Mamis kommen!

Und dann schiessen die Hühner wirklich wild um sich. Die Gluggern gegen die Working Moms, die Karrieremami gegen die Hausfrauen. Frauensolidarität? Müttersolidarität? Träumen wir weiter.

Ich könnte dir jetzt noch mehr darüber erzählen, wie sehr es mich anödet, wenn mindestens zwei der vier selbsternannten Supermoms glauben, sie hätten alles im Griff und müssten dies auch noch der ganzen Schweiz beweisen. Doch Rundumschläge habe ich dieses Jahr gegen die Übermamis ja schon genug gemacht, he, he, he!

Fanden weder Mutter noch Sohn eine Bereicherung: «Achtung, Mütter!» (Bild: zvg SRF)

Deshalb schreibe ich dir lieber von einem anderen Erlebnis in Bezug auf diese leicht angespannte Runde. Einem schönen: Mein Teenie-Sohn und ich haben uns diese Sendung zusammen angeschaut! Was so banal klingt, ist für mich richtig heilsam.

Peinlich, streng und uncool

Er ist vor ein paar Tagen 13 Jahre alt geworden und findet mich vor allem eines: peinlich, streng und uncool. „Chill’s mal, Mami“, „Was gibt’s zu essen?“, „Wann bekomme ich mein Sackgeld?“ und „Mein Handy ist meine Privatsache“ sind normalerweise das, was ich von meinem Sohn höre. Was ich lese oder mir anschaue, interessiert ihn wenig. Wichtiger sind Instagram, Youtube und WhatsApp und dass ich ihn tun und machen lasse, was immer er möchte.

Mein Herz machte also einen kleinen Sprung, als er bei Mitte Folge 1 zu mir aufs Sofa sass und mitschaute. Plötzlich fing er an, sich lauthals zu empören.

Vielleicht war es einfach schön, dass wir mal wieder etwas gemeinsam hatten oder uns endlich mal einig waren. Vielleicht war es aber auch an der Zeit, mal wieder meinen Sohn zu unserer Situation zu befragen und nicht sofort die Augen zu verdrehen, über das, was ihn beschäftigt (Bad Mom, ich weiss). So entstand nach unserem gemeinsamen Aufregen ein kleines Interview mit ihm, das ich Dir nicht vorenthalten möchte:

Ich: Was hältst du von der Sendung „Achtung Mütter!“?

Er: Ich finde es eigentlich unnötig und komisch.

 

Ich: Was ist denn komisch?

Er: Wieso müssen diese Mütter alles kommentieren? Und wenn es die anderen nicht hören, lästern? Ich finde das doof.

 

Ich: Was könnten sie denn sonst machen?

Er: Direkt kritisieren.

 

Ich: Wie findest du, was die anderen Mütter über die arbeitstätige Mutter gesagt haben?

Er: Also ich find das eigentlich normal, wenn Mütter arbeiten.

 

Ich: Wie war das für dich, als ich praktisch 100% gearbeitet habe?

Er: Ganz normal. Es war für mich einfach Alltag.

 

Ich: Was fandest du nicht so toll?

Er: Dass ich immer in den Hort musste.

 

Ich: Warum?

Er: Wegen dem ekligen Essen. Und weil es keinen Spass gemacht hat, manchmal.

 

Ich: Ist denn das Essen daheim immer fein?

Er: Na ja, einfach besser als früher im Hort.

 

Ich: Was müsste sich denn am Hort ändern?

Er: Sie müssten selber kochen. Im Hort jetzt in der Oberstufe ist das Essen viel besser, weil es selbstgemacht ist und nicht bestellt.

 

Ich: Wie findest du es jetzt, wo ich etwa 80% arbeite?

Er: Normal eigentlich.

 

Ich: Wie findest du es, wenn dein Stiefvater daheim ist und ich arbeite?

Er: Es gibt dann einfach oft das gleiche Essen. Würstli im Teig oder so. Und er ist strenger als du. Sonst ist es okay.

 

Ich: Was meinst du, warum zeigt die Sendung nur Mütter und keine Väter?

Er: Also die Sendung heisst ja «Achtung Mütter!».

 

Ich: Könnte man eine solche Sendung auch über Väter machen?

Er: Ja, sicher.

 

Ich: Was würde man denn dann zeigen?

Er: Also eigentlich genau das gleiche. Väter beim Arbeiten, Väter zu Hause.

 

Ich: Würdest du gerne daheim unterrichtet werden?

Er: Ja. Also früher schon. Aber jetzt nicht mehr.

 

Ich: Warum jetzt nicht mehr?

Er: Ja, meine Lehrerin ist einfach mega nett.

 

Ich: Möchtest du mal Kinder?

Er: Kann ich noch nicht sagen. Ich glaub schon.

 

Ich: Was denkst du, wie du und deine Frau dann Haushalt und Kinder aufteilt?

Er: Also wahrscheinlich würden wir beide 50% arbeiten. Das wäre sehr wahrscheinlich gut. So wäre die Mutter die Hälfte der Woche beim Kind und die andere Hälfte ich.

 

Ich: Was findest du, ist die Aufgabe einer Mutter?

Er: Für dich? Dass du da bist für mich, wenn ich dich brauche.

 

Ich: Und bin ich das?

Er: Meistens ja.

 

Ich: Was ist denn die Aufgabe des Vaters?

Er: Das Gleiche. Eigentlich macht man mit dem Vater viel spannendere Sachen. Väter haben einfach mehr Energie als Mütter. So mehr Adrenalin halt.

Ich glaube, meinem Kind geht es ziemlich gut, liebe Anyworkingmom. Auch wenn ich zeitweise knapp 100% arbeite. Ich habe vielleicht doch nicht alles falsch gemacht (das Gefühl kommt im Alltag mit Teenies ziemlich oft hoch), mal ungeachtet davon, dass er findet, Väter hätten mehr Energie.

Das Essen spielt anscheinend die wichtigste Rolle in der Betreuung, das finde ich spannend. Doch mich beunruhigt diese Unzufriedenheit nicht wirklich, auch meine Kochkünste verschmäht er meistens total. McDonalds und BurgerKing liefern eben leider noch nicht an den Mittagstisch.

(c) Foto:Photo by rawpixel.com on Unsplash
(Bild: rawpixel.com on Unsplash)

Trotzdem hat er aber mitbekommen, dass Frauen und Männer sowohl arbeiten als auch für die Kinder da sein können. Und ist es nicht das, was wir uns erhoffen? Dass es die nächste Generation endlich schnallt und Frauen und Männer gleichgestellt sind. Dass die zermürbenden Gleichstellungsdiskussionen ein Ende haben könnten? Dass die Mütter merken, dass ein schlechtes Gewissen nichts anderes als ein nutzloser Dämon und Muttersein kein Wettbewerb ist?

Du kennst die Kommentare, liebe Anyworkingmom: Gehirnwäsche der Emanzen-Mutter am Kinde und so. Oder wie die Freilerner-Mami sagte bei „Achtung Mütter!“: Total konditioniert, das Kind. Vom Hort und der Mutter.

Ja, so ist es. Und ich bin verdammt stolz drauf.

Danke, dass du auch im 2017 mit deinem Blog uns alles wollende Mütter unterstützt hast. Ich freue mich, noch ganz viel von dir zu lesen. Und wünsche dir wunderbare, nur friedliche, besinnliche Weihnachten mit ganz braven, sauberen und ruhigen Kindern.

Herzlich

Marah

Andrea’s Sendungskritik zu «Achtung Mütter!»: «He!matland: Mommywars mit Wattebäuschchen»

Ebenfalls von Marah Rikli auf Any Working Mom:

«Viele Frauen haben Dauer-Schuldgefühle»

Mir streikt‘s! Ich will kein Mann sein müssen, um eine erfolgreiche Frau sein zu dürfen!

Inkompetent und frustriert? Eine Stellungnahme zum Leitfaden für die Primarschule

Marah Rikli, Autorin - mal ehrlich

Autorin

Marah Rikli ist Journalistin und Aktivistin und Mutter zweier Kinder. Sie schreibt Artikel für diverse Publikationen, u.a. «Magazin», «Republik», «Sonntags­Zeitung», «Wir Eltern», «Tages-Anzeiger». Zudem ist sie Host des Podcasts «Sara und Marah im Gespräch mit» der Frauenzentrale Zürich. Ihre Schwerpunkte: Inklusion, Mental Health, LGBTQIA+, Feminismus, Erziehung. Sie ist für diese Themen auch als Referentin oder Moderatorin von Talks und Panels unterwegs. www.marahrikli.ch (Bild: Anja Fonseka)

Informationen zum Beitrag

Dieser Beitrag erschien erstmals am 23. Dezember 2017 bei Any Working Mom, auf www.anyworkingmom.com. Any Working Mom existierte von 2016 bis 2024. Seit März 2024 heissen wir mal ehrlich und sind auf www.mal-ehrlich.ch zu finden.


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3 Antworten

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  1. Avatar von Iris
    Iris

    Hab mir grad überlegt wie das Format funktionieren würde, wenn es z.B. ‚Achtung Maler!‘ hiesse oder ‚Achtung Coiffure!‘. Wie wären da die Gespräche: ‚äh nei lueg emol wie sie do schlecht abklebet het‘ oder ‚aso i leg i mim Salon Wert uf bildendi Ziitschrifte…‘
    Nie würde glaube ich eineanderi Beruefsgattung sich gegenseitig reinreden und kritisieren.

  2. Avatar von Cornelia
    Cornelia

    Das tat gut und stimmt mit meiner Erfahrung überein. Ich habe 3 Kinder (mittlerweile 23, 15 und 12) und bin seit 12 Jahren alleinerziehend mit nem 100% Job. Die Kinder finden es normal. Der Älteste ist ausgezogen und hat sein Leben gut im Griff. Und ich habe gelernt, dass es für uns stimmen muss, dann ist gut. Wenn ich arbeite, bin ich eine Rabenmutter. Wenn ich aus Sozi gehe, ne faule Nuss.
    Danke für den Beitrag und ganz schöne Feiertage.

  3. Avatar von Ingrid
    Ingrid

    Haaach, ein absoluter feel good Artikel für 100% working moms.
    Ich wünsche mir, dass mein heute 10-monatiger Sohn eines Tages auch so denkt. Dass arbeiten normal für beide ist. Dass beide Eltern sein und Karriere haben können ohne von einem schlechten Gewissen zerfressen zu werden. Im Wissen, das auch aus fremdbetreuten Kids gute Menschen werden können. Danke Marah! Happy holidays!