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Das E in Vereinbarkeit

In der ganzen Diskussion um Vereinbarkeit, Kinderkrippen und berufstätige Mütter geht ein wichtiger Bestandteil unter: die Emotionen.

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Das E in der Vereinbarkeit - warum wirklich nicht alles unter einen Hut passt

Warum hat mir das vorher niemand gesagt?

Diesen Satz höre ich von JEDER berufstätigen Mutter.

Dabei denkt jede, sie werde den Dreh raushaben. Ist das erste Kind unterwegs, nimmt man die weitere Planung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie in die Hand wie jedes andere Projekt: Man informiert sich, wägt ab, bespricht es mit dem Partner, evaluiert die eigenen Möglichkeiten.

Dabei bleibt man sachlich, realistisch: Wie viel kostet eine Krippe? Wer kann wie viel reduzieren? Wie lange soll die Babypause dauern? Diese fälschlich als “Urlaub” bezeichnete Auszeit, sie wird immerhin geplant wie ein solcher: statt Reiseführer konsultiert man Babyapps, anstelle von Hotels vergleicht man Kinderkrippen.

So war es auch bei mir. Der Plan vor dem ersten Kind: Ich würde schrittweise wieder anfangen zu arbeiten, nach fünf Monaten dann wieder 60%, womit ich leicht über dem Deutschschweizer Durchschnitt von 53% liege. Den Krippenplatz hatte ich – denn so wurde mir geraten – noch im ersten Trimester sichergestellt, wir waren also tipp topp parat.

Nur eins bereitete mir Sorgen: Würde ich mich nicht langweilen während der Babypause? So ein paar Monate lang?

Und dann war er da, der Moment, und ich wurde zum ersten Mal Mutter. Mit dem hormonellen Harvey kamen eine nicht nur mir vorher unbekannte Liebe, sondern auch die überwältigende Verantwortung für einen Menschen in mein Leben. Die Prioritäten veränderten sich. Und – oh Schreck – ich mich auch.

Bald fing es in mir an zu reissen: Das Bedürfnis nach dem Ich auf der einen Seite – die Bindung zum Kind und der Wunsch, es jederzeit zu beschützen, auf der anderen. Ich war angekommen im Spagat, den jede erwerbstätige Mutter kennt.

Ich hatte alles geplant, was man planen kann, und dabei vergessen, dass es auch eine Unbekannte in der Gleichung gibt: meine eigenen Emotionen – das E in der Vereinbarkeit. Das E, das eben gerade nicht berechen- oder planbar ist.

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Das Ende meines Mutterschaftsurlaubes kam immer näher. Ich sehnte mich nach Langeweile – mittlerweile ein Fremdwort -, aber das Ende der Babypause lag mir auf der Seele wie ein Stein. Ich wollte Kind UND Karriere. Ich wollte emanzipiert sein. Aber ich wollte gleichzeitig mein Kind in den besten Händen wissen. Will ich immer noch, übrigens, auch wenn es nicht immer meine eigenen sein müssen.

“Warum hat mir das vorher niemand gesagt?” Sagte nun auch ich.

Ich meinte damit nicht den organisatorischen Kraftakt, den eine Familie und ein Job mit sich bringen, denn der wäre wohl irgendwie zu bewältigen. Sondern die Zerrissenheit zwischen dem Gefühl, mit meinem Kind zusammensein zu wollen, und gleichzeitig dem Verlangen nach der Bestätigung, die ein beruflicher Erfolg mit sich bringt.

Niemand klopft uns nämlich auf die Schulter, wenn wir einen Trotzanfall mit viel Geschick umschifft haben. Auch wenn das vielleicht die grösste Leistung des Tages war. Stattdessen bewältigen wir den täglichen Balanceakt mit einem ständig schlechten Gewissen, weil wir weder hier noch dort die Besten sind, sondern einfach “ok”.

Das dritte Kind

Daran sind wir selbstverständlich auch wie immer selber schuld. Denn die Entscheidung, berufstätig zu sein, liegt in den allermeisten Familien, die nicht zwingend auf ein zweites Einkommen angewiesen sind, bei der Frau.

Während die meisten Väter – genau genommen 97.7% laut dem Bundesamt für Statistik – nach der Geburt des ersten Kindes weiterhin 100% arbeiten, arbeiten die neuen Mütter vor allem in Teilzeit, auf eigenen Wunsch. Oder bleiben ganz zu Hause, meist dann, wenn das zweite Kind da ist¹.

Mehr Kinderkrippen – mehr Working Moms?

Lange vor dem ersten Kind hegte ich einmal Pläne, selber eine flexible Kinderkrippe zu eröffnen, mit extralangen Öffnungszeiten. Der Arbeitstitel war – mit viel Ironie selbstverständlich, aber trotzdem bezeichnend – «Get rid of your Kid» (Ja, ich finde das heute auch jenseits, don’t judge.)

Ich dachte damals, die Vereinbarkeitsprobleme liessen sich doch easy mit bezahlbaren und flexiblen Krippenplätzen lösen. Dass ich mein Kind vielleicht gar nicht loswerden wollen würde, sondern im Gegenteil seine Gesellschaft allen anderen vorziehe – dieses Gedankenexperiment führte mein noch-kinderloses Ich nicht durch.

Mehr Kinderkrippen – das ist auch der Masterplan des Bundesrates, um wieder mehr Frauen zurück in die Arbeitswelt zu holen. An manchen Orten mag das vielleicht funktionieren. Im Kanton Appenzell-Innerrhoden zum Beispiel gab es 2012 eine Kindertagesstätte mit 10 Betreuungsplätzen, das entspricht 0,6 Plätzen pro 1000 Einwohner².

Aber auch dort, wo es genügend Kita-Plätze hat, sind die Kosten so hoch, dass sich das zweite Einkommen – meist das der Frau – gar nicht mehr lohnt. Arbeitet sie mehr als 40%, könnte sie in vielen Kantonen den dritten Tag auch gleich zu Hause bleiben, da der Lohn direkt in die Kinderbetreuung fliesst.³  Aber auch das, ein Beitrag für sich.

The secret IngrEdient

Ich kenne keine einzige Mutter, die nach 14 Wochen gesetzlichem Mutterschaftsurlaub fröhlich pfeifend ihr Kind in die Krippe bringt. Die, welche es sich leisten können, verlängern die Babypause auf fünf oder sechs Monate und verbringen zwei oder drei Wochen mit Eingewöhnung. Warum? Weil sich die Prioritäten verschoben haben. Weil die Variable E in der Vereinbarkeitsrechnung noch vor Punkt und Strich kommt.

Emotionen, da weiblich konnotiert und deshalb als Schwäche empfunden, mit der es umzugehen gilt (aber da machen wir jetzt ein komplett neues Fass auf) – diese Emotionen haben es schwer, mit wirtschaftlichen Fragen in Verbindung gebracht und ernst genommen zu werden.

Dass eine Elternzeit oder zumindest ein flexibler Vaterschaftsurlaub genau hier ansetzen würde, weil wir Frauen mit einem guten «Gefühl» und vor allem mit einem gleichberechtigten Partner unsere Arbeit wieder aufnehmen könnten, wird nicht diskutiert. Dabei ist es genau das E in der Vereinbarkeit, das die Vereinbarkeit auch heute noch so verdammt schwer möglich macht.

Warum hat mir das niemand gesagt?

Vielleicht, weil ich es selber nicht geglaubt hätte.

¹Bundesamt für Statistik, «Mütter auf dem Arbeitsmarkt», Oktober 2016: https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/arbeit-erwerb.assetdetail.1061095.html

²INFRAS Studie von 2013: https://www.infras.ch/de/projekte/machbarkeitsstudie-fur-kinderbetreuungsstatistik/ 

³Aus einer Studie des Bundesamts für Sozialversicherungen: https://www.aargauerzeitung.ch/verschiedenes/eltern-in-der-schweiz-zahlen-am-meisten-ld.1540115

Autorin

Ich bin eine dieser Mütter, die alles haben will. Und die immer wieder einsehen muss, dass eben nicht alles geht. Oder zumindest nicht gleichzeitig. Oder ohne dabei auszusehen, als hätte mich ein Bus überfahren.

Informationen zum Beitrag

Dieser Beitrag erschien erstmals am 19. November 2017 bei Any Working Mom, auf www.anyworkingmom.com. Any Working Mom existierte von 2016 bis 2024. Seit März 2024 heissen wir mal ehrlich und sind auf www.mal-ehrlich.ch zu finden.


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19 Antworten

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  1. Avatar von Astrid
    Astrid

    Ich bekomme bald mein zweites Kind. Und trotz lauter Vorfreude – den schweren Stein auf meiner Seele spüre ich jetzt schon. Weil ich weiss, was nach der Babypause emotional auf mich zukommt…

  2. Avatar von Chri
    Chri

    Das E ist DER Grund, dass viele Frauen keine Karriere machen! Um bei meiner Firma richtig Karriere zu machen müsste ich richtig krüppeln! Seit ich ein Kind habe schaue ich jedoch nervös auf die Uhr um 17:30 Uhr weil ich einfach nach Hause will und die Kleine von der Krippe abholen will! Dass die KITA bis um 18:30 Uhr offen hat nütze ich selten aus. Und das hat nichts damit zu tun, dass mein Mann nicht mithilft. Er bringt sie jeweils morgens sondern mit der starken Bindung 🙂

  3. Avatar von Ju
    Ju

    Ich bin seit drei Jahren eine “working Mom”. In Teilzeit. Teilzeit weil ich arbeiten MUSS, es ohne mein Einkommen sehr eng wäre, nicht Vollzeit, weil ich Zeit mit meinem Kind haben will.
    Karriere? Was ist das? Ich will keine Karriere, ich arbeite um Geld zu verdienen um unser Leben mit zu finanzieren.
    Zerrissen bin ich nicht(mehr), weil ich ein schlechtes Gewissen habe.
    Sondern weil ich mich selbst immer mehr aufreibe und immer mehr zu kurz komme zwischen Job(häusliche Intensivpflege für Kinder) und den Belangen meiner Familie.
    Heute ist so ein Tag wo ich am liebsten kündigen würde, egal was dann kommt.

    1. Avatar von Anja Knabenhans
      Anja Knabenhans

      Danke vielmals für deine Schilderungen! Wir hoffen ganzganz fest, dass heute wieder ein besserer Tag war!

  4. Avatar von Alessia
    Alessia

    Wieso klappt es in Skandinavien und nicht bei uns??? Schweden hat 18 Monate Elternzeit und Mutter und Vater können sich das aufteilen. Wieso geht das bei uns nicht? Wir haben doch ebenso viele hoch qualifizierte Frauen wie dort.

  5. Avatar von Juliane
    Juliane

    Und dann sind da noch die Arbeitgeber, die nicht mitspielen. Wir könnten es uns leisten, dass ich nun beim zweiten Kind auch länger Pause mache. Nach dem ersten hatte ich den Job gekündigt – bei 50% internationaler Reisetätigkeit eh keine Option mehr. Jetzt war die Idee nach 6 Monaten 20%, nach 10 50%, nach 12 70%. Das wäre super, 70 ist auch mein aktuelles Pensum mit unserer Tochter von 19 Monaten.
    Aber mein AG sagt ganz klar: nach 16 Wochen wieder 70%, oder eben gar nicht.
    Kündigen ist aber keine Option für mich. Nicht schon wieder. Der Job ist toll! Und ich will ja arbeiten. Aber…
    Also werde ich wohl nach 16 Wochen mein Baby abgeben müssen. 3.5 Tage die Woche. Brutal.

    1. Avatar von Andrea Jansen
      Andrea Jansen

      Liebe Juliane – womit wir ja mitten im Thema wären. Jetzt müsste ein Vaterschaftsurlaub greifen. Oder Elternzeit, die ja soeben von der eidgenössischen Kommission von Familienfragen ausdrücklich empfohlen wurde: https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-71869.html. Ein Grund mehr, weshalb wir uns dafür stark machen sollten.

  6. Avatar von susanne
    susanne

    Die Realität ist wie ich sie in meinem Umfeld erlebe , dass nicht die meisten freiwillig arbeiten gehen nach den Mutterschafturlaub worauf mein Chef meinte Ferien haben sie auch noch zugut? Er meinte das nicht als Spass. Ich durfte dann ein Jahr lang Überzeit arbeiten immer bis 20.30 und konnte so drei mal in der Woche meine Kinder nicht ins Bett bringen und es waren kurze Nächte da Baby auch in der Nacht Durst haben.
    Der Detailhandel hat für leitende Mamis nur 100% Stellen da gibt es kein Jobsharing was ich persönlich am besten fände.Nun arbeite ich für weniger Lohn und verliere mein Fachwissen..Frust…und Kinderkrippe geht nicht da wir nicht um 17.30 fertig sind …Frau Jansen bitte schauen sie genau hin nicht zwei Drittel oder die Mehrheit der Frauen geht zum Spass arbeiten sondern auch zum das teure Leben in der Schweiz zu ermöglichen.
    wie war es meinen Eltern möglich mit einem normalen Arbeiter Einkommen zu leben? Ich habe nicht zwei Autos und auch keine Ferien.Wichtig finde ich auch das die Frauen tolerant zueinander sein sollten in diesem Thema.Ich kenne eine Mutter die ist zuhause der Ehemann verdient sehr gut als Chefarzt und sie gibt ihre Kinder zwei Tage in die Kita ist o.k. Es geht ihr so am besten.dood nur das sie zwei Plätze Berufstätigen wegnimmt. Es gibt viele Wege als Mutter packen wir’s an und wir können stolz auf uns sein.

    1. Avatar von Andrea Jansen
      Andrea Jansen

      Liebe Susanne

      vielen Dank für deinen Kommentar. Es ist mir absolut bewusst, dass die meisten Mütter arbeiten, um ihr Leben zu (mit)zufinanzieren. Und es geht auch nicht darum, dass jeder mal machen kann, wie er will. Aber wie Du selber sagst: Frauen sollten toleranter miteinander sein, das ist mal das eine. Sätze wie “warum hast Du denn Kinder, wenn Du arbeiten gehst” müssen endlich aufhören. Und andererseits sollten Strukturen bestehen, die es möglich machen, Familie und Beruf zu vereinbaren UND dabei den Lebensunterhalt zu finanzieren.

  7. Avatar von oneworkingdad
    oneworkingdad

    Ich weiss, der blog heisst anyworkingmom. Ich bin einer der working dads. Ich hoffe, dass ich gleichberechtigt den blog lesen darf. Ich wollte nur anmerken, dass ich auch lieber den tag mit meiner Tochter (jetzt schon grosse 4) verbringen möchte. Da meine frau zur eingewöhnungszeit der kleinen wegen einer rückenoperation ans bett gefesselt war, habe ich die eingewöhnung gemacht. unsere kleine hat geweint und geweint und geweint, sie brach alle rekorde in der krippe betreffend eingewöhnungszeit. vielleicht weil ich nicht loslassen konnte, aber vielleicht auch, weil sie so sensitiv ist.

    ich finde, wir sollten alle zusammenspannen, damit jeder das modell leben kann, das er möchte. ob frauen direkt wieder die karriere antreten möchten (kenne ich auch), männer für ihre kinder intensiv da sein möchten (zum beispiel ich), ob er lieber die brötchen heimbringt oder beide sich alles zu 50% aufteilen was job, betreuung und hausarbeit angeht – warum lassen wir uns knechten? Wir sind das volk und wir können es von politik und wirtschaft verlangen. weil eines ist mir klar geworden nach 4 jahren eltern sein: je entspannter und geduldiger man ist und auf das kind eingehen kann, desto mehr kann es sich entfalten und selbstvertrauen entwicklen. wir sollten es doch jedem erdenbürger einen optimalen start in sein leben ermöglichen können, das ist eine investition in das wohlergehen der gesamtgesellschaft und muss nicht immer mit sozialkosten wegargumentiert werden.

    1. Avatar von Anja Knabenhans
      Anja Knabenhans

      Danke für deinen Kommentar! Wir freuen uns sehr, wenn auch Any Working Dads mitlesen, mitdiskutieren, sich in allem einbringen. Denn wir wollen unbedingt, dass wir alle am selben Strang ziehen.
      Ich hoffe, eure Tochter geht mittlerweile einigermassen gern in die Kita?! Ich kenne diese schwierige Eingewöhnung leider nur zu gut…

      1. Avatar von Sasa
        Sasa

        Eine willkommene (und wohltuende) Abwechslung, zu lesen dass ihr beide eine “schwierige” Eingewöhnung hattet. Nicht falsch verstehen, es tut mir sehr leid für euch und euren Nachwuchs, dass der Anfang eher negativ konnotiert war.
        Mein Kleiner hat so stark geweint, dass ich ernsthaft an meiner Entscheidung, meinen Job nicht an den Nagel zu hängen, gezweifelt habe. Sollte ich wirklich arbeiten gehen, wo es doch meinem Sohn offensichtlich in der Kita nicht gefällt? Doch dann hat mein rationales Ich sich gemeldet: du hast 3 Monate Kündigungsfrist, bis dahin hat er sich sicher eingewöhnt. Und es war auch so, nach 4 Wochen war alles gut.
        Damals im Freundeskreis meinten alle Mamis zu mir: “nö, meine Anna-Viktoria hat nie geweint” – “Was? Mein Maximilian-Anton hatte von Anfang an ganz viel Spass in der Kita.” Na danke auch für die tolle Unterstützung, lieber Freundeskreis, damit hab ich mich doch gleich viel besser gefühlt mit meinem heulenden Baby und heulendem Selbst 🙁

        1. Avatar von Rina
          Rina

          Anna-Viktoria und Maximilian-Anton haben bestimmt auch ab der ersten Nacht durchgeschlafen.

    2. Avatar von Rina
      Rina

      Sehr schön geschrieben! <3 Deine Einstellung und Offenheit freut mich sehr für deine Familie.
      Tatsächlich hatte ich auch das Gefühl, dass die schwierigen Trennungssituationen in der Kita ein gutes Stück auf mein Konto gehen, weil ich mich (noch) gar nicht von dem Kind lösen wollte.

  8. Avatar von Claudia
    Claudia

    Ach, das leidige E…
    Auch hier war alles durchgeplant: Pensum auf die gewünschten 40% mit der Option auf Aufstockung festgelegt, Babyzeit etwas verlängert, Tagesmutter gesucht und gefunden und gut 6 1/2 Monate nach der Geburt von #1 wieder eingestiegen. Alles tiptop. Also bei #2 20 Monate später noch mal das gleiche. Alles tiptop. Und dann: 2 Jahre später die #3. Da denkt man, man sei routiniert und mit allen Wassern gewaschen und dann findet das Kerlchen, dass es sich niemalsnicht von Mama trennen kann. Unter keinen Umständen. Komme was wolle. Und Mama, die eigentlich so gar nicht auf Kletten steht und auch wahnsinnig gern wieder arbeiten gehen wollte, tja…
    …die hat es voll erwischt und kann das ein einfach nicht durchziehen. Auch Alternativszenarien, die in jeder Variante durchgespielt werden, enden im mütterlichen Jammertal…
    Und auf einmal wird denkbar, was undenkbar war: eine Zeit lang gar nicht extern arbeiten und sich voll auf dieses Klammeräffchen einlassen.
    Hätte mir das 4 Jahre früher jemand als Option genannt, ich hatte ihn ausgelacht. Und rückblickend betrachtet war es eine verdammt gute Idee, das schlechte Gewissen über die gute Planung und das „eigentlich wollte ich dich aber…“ über Bord geworfen zu haben und dem E nachgegeben zu haben 🙂

  9. Avatar von Angela
    Angela

    Ich hatte auch alles geplant: 6 Monate zu Hause und dann 50% wieder einsteigen – in der eigenen Firma.
    Es kam aber völlig anders.
    Ich startete erst nach einem Jahr wieder und zwar wider Willen. Weil ich lieber noch länger „nur“ Mami hätte sein wollen.
    Und ich startete als Angestellte. Ich wollte weniger Stress und weniger „Verwirklichung“ im Job. Yes Ladies and Gents, es gibt auch die Frauen, die vor dem Kind coole, engagierte, interessierte, fleissige Karrierefrauen waren und beim Anblick des Babys nur noch eins wollten: Mami dieses wunderbare Babys sein.
    Brauchte keine Bestätigung für meine Taten mehr, brauchte keine Auszeit von Windeln, brauchte keine Karriere mehr.
    Das kommt vielleicht und sehr langsam erst jetzt wieder, nach 2.5 Jahren.
    Ich arbeite aber schon seit 1.5 Jahren wieder (weil ich muss).
    Ich wäre also gerne 3 Jahre zu Hause geblieben. Das Gefühl hatte ich von Tag 1 mit Baby an. Möglichst lange zu Hause bleiben. Weil es mich glücklich macht und erfüllt.
    Ich hatte vor dem Kind die totale Bestätigung im Job, hatte das Netzwerk – übrigens m.E. das Wichtigste für den Wiedereinstieg – aber das Mami sein erfüllte mich mehr.
    Ich hatte schlechte Tage wie jedes Mami und ich hatte gute Tage. Volles Programm und totale Langweile.
    Aber so ein kleines Baby begleiten dürfen, ist für mich der schönste Job.
    Wir spüren schon, wann die „mehr“ brauchen und lassen dann auch besser los.
    Aber ja, um es kurz zu machen: Hätte mir schon vorher jemand gesagt, dass ich den Job als Mami so fest lieben würde, hätte ich es vielleicht gar nicht glauben wollen. Als Angst, dass es nachher nicht so wird.

    P.S. Netzwerk ist das Zauberwort! Egal wie lange die Mamizeit, bitte währenddessen weiter pflegen. Klappt heutzutage auf den Socials prima.

  10. Avatar von Rina
    Rina

    Nach dem 14-wöchigen gesetzlichen Mutterschaftsurlaub habe ich unsere Tochter jeweils 4 Tage pro Woche in die Kita gebracht, um zwei Jobs zu total 80% nachzugehen. Dabei wäre finanziell bestimmt eine längere Babypause und ein viel tieferes Pensum möglich gewesen. Warum ? Weil ich unverheiratet bin, weil ich es in meiner totalen AHNUNGSLOSIGKEIT darüber, was das Muttersein mit mir anstellen würde, so mit meinem Partner vereinbart hatte, weil auch ich dachte, organisiert und emanzipiert sein zu müssen und weil ich nicht den MUT hatte, zu sagen «Halt», ich will das so nicht.

    Das war nicht schön und schmerzt mich noch heute. Doch es ermutigt mich, meiner Tochter zu zeigen, dass unsere Gefühle und Bedürfnisse wichtig sind, sich verändern können und klar kommuniziert werden dürfen.

  11. Avatar von Solvej
    Solvej

    Liebe Andrea, danke für diese Zeilen. Bei uns steht dieser Schritt morgen nach 8 Monaten an. Dieser Stein, oder gar ein Fels, dazu ein reissender Fluss aus Tränen – leider topaktuell. Ich lese deinen Artikel und die Kommentare immer wieder. Ich frage mich, warum ich bald wieder in einem Unternehmen tätig sein werde. Einfach, weil ich den Vertrag vor 5 Monaten unterschrieben habe und mir nun der Mut fehlt, ehrlich zu mir zu sein und mich dazu zu entscheiden, dass ich für einige weitere Monate bei unserem Sohn sein möchte? Das wäre die ehrlichste Antwort…

    1. Avatar von Anja Knabenhans
      Anja Knabenhans

      Liebe Solvej, mutige Zeilen hast du hier geschrieben. Sehr viele von uns kennen diese Gefühle. Nicht so viele können sie sogar schon aussprechen wie du, können ehrlich mit sich selber sein. Ich kann nur für mich sprechen, mir ging es ja ähnlich.. siehe dieser Text bei uns: https://mal-ehrlich.ch/zeit-mit-kind/ Und ich kann nur sagen: Nach vielem Zögern und Werweissen und alte Glaubenssätze hinterfragen…irgendwann kam bei mir der Mut und ich handelte. Ich wünsche dir, dass du auch zu einer Lösung findest, die für dich stimmig ist – wie auch immer sie aussehen wird. LG, Anja