Beziehungskiller Baby: Mit dem Kind kommt der Krach

Ein Rat an werdende Eltern: Schenkt euch den Geburtsvorbereitungskurs – das Baby kommt schon irgendwie raus. Schreibt euch besser schon mal präventiv ein ins Konfliktbewältigungsseminar.

Was euch nämlich niemand sagt: Mit dem Kind kommt der Krach.

Er ist eine kleine, fiese Nachgeburt und wird euch plagen, bis das Kind ausgezogen ist. Aber item: Herzlichen Glückwunsch!

Mutter werden verändert. Man wird fordernder – immerhin hat man sich 10 Monate lang eingeschränkt, eine Geburt überstanden und muss wegen Parkbussen heulen. Jetzt ist der Mann dran, finden wir nach vollbrachter Tat, und der fühlt sich schnell kontrolliert, bevormundet, unter dem Pantoffel. Wo steckt bloss seine ehemals coole, spontane Frau?

Diese hier ist auf jeden Fall zu müde und gereizt, um cool zu sein. Zu organisiert für Spontanität.

Yup, sexy ist anders. Wissen wir im Fall selber. Also bitte, nimm die Hand wieder von meinem Oberschenkel, danke.

Am besten, man lässt es in den ersten drei Monaten gleich ganz bleiben mit der Illusion, man könne nebenbei auch noch eine Beziehung führen.

Als Mann und Frau, nicht Mami und Papi, versteht sich. Es ist eine Mission Impossible und unnötiger Stress. Ausser man wohnt mit den Grosseltern im gleichen Haus oder heisst Roger und Mirka. Dann…vielleicht…nein, wahrscheinlich auch dann nicht.

„War das bei euch auch so?“, fragte mich Freundin B. mit besorgten, grossen Augen, während wir ihren frisch geschlüpften Sohn durch den Wald wägeleten. „Schlimmer“, meinte ich und erinnerte mich sogar daran, sie explizit gewarnt zu haben vor dieser Beziehungsrevolution, die ein Kind mit sich bringt.

Dass neu ein kleiner Diktator im Haus sein wird, der für die Bedürfnisse seiner Untertanen keinerlei Verständnis aufbringt. Und dass die Untertanen dann beschliessen werden, sich aus Mangel an Alternativen gegenseitig zu bekriegen.

Sie muss wohl den gleichen Reflex gehabt haben, den Schwangere bei grausligen Geburtsrezensionen kriegen: Ohren zuhalten und Dumdidumdum.

Plötzlich ist da ein Minenfeld, wo vorher keines war. Wer kann schon antizipieren, wie es sich anfühlt, wenn das Baby um drei Uhr morgens endlich einschläft, man erschöpft aufs Bett sinkt und der Mann genau dann laut SCHNARCHT?

Nicht nach Liebe. Au contraire.

Der Vater kann sowieso wenig richtig machen in dieser Zeit.*

Von ihm wird erwartet, dass er Gedanken liest (und wir wissen alle, wie gut Männer das können) und im richtigen Moment den Nuggi / die Flasche / die Schwiegermutter organisiert. Und vor allem da ist. Was den meisten nicht einleuchtet. „Ich brauche auch mal ein bisschen Zeit für mich“ ist ein Satz aus Vatermund, der bei jeder Frau, die ein Jahr lang ihren Körper als Bed&Breakfast zur Verfügung stellt, schampar gut ankommt.

Als einigermassen gleichberechtigte Frauen erwarten wir nicht nur, dass unsere Männer gleich viel in die Betreuung investieren, sondern dass sie bitte auch auf Knopfdruck die entsprechende Begeisterung dafür aufbringen (auch wenn wir selber vielleicht gerade damit hadern).

Schnell gehen die Ideen aus, was man mit einem dermassen kleinen Menschen anstellen könnte, und so drücken nicht wenige Väter am Daddyday auf ihrem Handy rum, während sich der oder die Kleine in einem Teddybär oder dem Tischbein festbeisst.

„Du gibst dir ja gar keine Mühe!“, keife ich in solchen Momenten gerne, insgeheim wohl neidisch, weil ich nicht so tiefenentspannt bin in meinen Ansprüchen und weil ich Streber schon ganze Pinterest-Boards voll Ideen gesammelt und mich natürlich bei Freundinnen informiert habe (und mir zwar die Ideen nicht ausgehen, sich der Dudeliduu-Spassfaktor aber auch in Grenzen hält).

 

Ein Einhorn als Haustier

Die Lösung des Problems wäre vielleicht mehr Gelassenheit gegenüber allem: dem Puff in der Wohnung, dem Pouf um den Bauch, den klebrigen Fingerabdrücken auf dem neuen Sofa, dem Fakt, dass Papi der Tochter die Pischihosen fürs Familienfest angezogen hat, dass der Sohn die zweite Glacé verdrückt und schon wieder mit dem Nuggi rumrennt.

Oder das Akzeptieren der  Tatsache, dass das mit dem perfekten Elternsein und der perfekten Beziehung ähnlich realistisch ist wie mein Wunsch nach einem Einhorn als Haustier.

Die guten News: Der komplette Ausnahmezustand geht vorbei. Der Hormonhaushalt pegelt sich ein, die Organisation ebenfalls. Irgendwann haben alle Familienmitglieder sich in den neuen Rollen gefunden. Bis….*dun dun duuun*…

… das zweite Kind kommt.

 

*Liebe Väter mit akuter Schnappatmung: ich habe geschrieben KANN. Keine Tatsache, sondern Vermutung. Wenn Kritik, dann vor allem Selbstkritik, gäuet.

Dieser Text wurde erstmals im Mamablog veröffentlicht. 

Autorin

Andrea Jansen www.anyworkingmom.com

Andrea Jansen ist die Gründerin und Chefin von Any Working Mom. Sie reist gerne durch das Leben und um die Welt, versucht, weniger zu micromanagen und mehr zu schlafen. Sie ist Unternehmerin, Stiftungsrätin, Journalistin und Mutter von drei Kindern. Seit mindestens drei Jahren will sie ihre Website updaten und kommt nicht dazu – bis dahin findet man sie auf Insta als jansenontour.

Hat Dir dieser Beitrag gefallen?

Kafikasse_Any_Working_Mom

#daschamebruche aus unserem Concept Store

zu den Kommentaren

DAMIT DU WEISST, WAS LÄUFT

Abonniere jetzt unsere persönlichen Newsletter und erhalte als Dankeschön einen Gutschein im Wert von 5 CHF für unseren Concept Store!

Wir bewahren deine Daten sicher auf und teilen sie nur mit Drittanbietern, die diesen Service ermöglichen. Mehr Infos in unserer Datenschutzerklärung.

24

24 Kommentare zu “Beziehungskiller Baby: Mit dem Kind kommt der Krach

  • YESSS!!! Genauso ist es, danke!! :-))) So schön zusammengefasst und dargestellt.

    Ich suche noch nach meiner Gelassenheit…vielleicht ist sie unter den Zeitungen meines Mannes, wenn er sich um unsere Tochter kümmern soll?! 😉

      Antworten
  • „Ich brauche auch mal ein bisschen Zeit für mich“ ist ein Satz aus Vatermund, der bei jeder Frau, die ein Jahr lang ihren Körper als Bed&Breakfast zur Verfügung stellt, schampar gut ankommt.

    Ich weiss genau, was du meinst. Der Satz könnte von mir sein. Unendlich egoistisch und trotz diesem Wissen ist der Akku manchmal einfach leer.

    Wir Väter hegen unendliche Bewunderung für das Organisationstalent und die Leidenschaft, mit der die Mütter Kinder betreuen. Woher nehmen sie nur diese Energie?

    Alles in allem ist es eine fantastische Zeit, die zwar alles verändert und vieles komplizierter macht, auf die ich aber nie im Leben verzichten würde.

    Und ich lese deine Blogs immer wieder gerne. Humorvoll, mit einer grossen Prise Realität 😉
    Weiter so!

      Antworten
    • Lieber Thomas, ganz herzlichen Dank. Ich weiss, für die Väter ist es auch nicht einfach, und ich möchte Euren Einsatz nicht schmälern. Ich glaube, dass wir Frauen uns mit der Doppelbelastung schon vor dem Schwangerwerden beschäftigen, während ihr nach der Geburt, bäm, damit konfrontiert werdet. Das macht die Sache auch nicht einfacher. Aber wie Du genau richtig sagst und mir aus dem Herzen sprichst: Eine fantastische Zeit, auf die ich niemals verzichten würde. Dafür nehme ich ein bisschen Stunk in Kauf.

        Antworten
  • Liebe Andrea
    You made my day, sehr geil geschrieben und einfach realität ?? ich früher auch so ?? dumdidumm ?
    Danke für die ehrlichen Worte. Meine Tochter wird zwei und nun beginnt doch die äähm…. Trotzphase ? Hat auch wieder Potenzial für knatsch…

      Antworten
    • Trotzphase ?! Ab und zu bin ich kurz davor, einen Exorzisten anzurufen… aber vielleicht wird das Töchterli ja dann in der Pubertät ganz easy…(sicherdoch).

        Antworten
      • hei Andrea, super geil gschribe, ig ga fasch abe vor lache.
        genau dä Satz hani o immer gseit, wo si no chliner si gsi( ha o 3 ching, meitschi 15 1/2, meitschi its de 14 1/2 und Büebu fasch 12 i….) due mer de aalüte, we ds Noomi 12 isch gäu…..ig verzeue der de no chli öppis über d Pubertät…äh nei, das weisch ja de denn scho…aber, es chunnt no schlimmer…..augen zu und durch :-)…. du machsch ds cool. vorallem, wüll s so natürlech u erlech übere chunnt. ha di ja scho immer cool gfunge, aber itze….du schiessisch totau der vogu ab. danke viumau. chönnt dr ganz tag hie läse….we nid no hörndli und fleisch würde druf warte i töpperweer z wandere und i Chüeuschrank z cho…mach s guet und witter so.
        übrigens, aues guete zum dritte. u lah dr nid lah säge, z dritte chunnt eifach mit. das stimmt niiiid….leider…ganz liebi Grüess Manu

          Antworten
        • Liebe Manu…naaaaain! Sag nicht so was! Das Dritte läuft doch einfach mit….! Auf jeden Fall danke – für die Blumen und das Ratgeber-Angebot, ich komme dann gerne darauf zurück. Alles Liebe!

            Antworten
  • Dumdidumm? Jaa ich dachte auch so!
    Pah uns passiert das nicht, wir haben schon sooo viel zusammen durchkämpft…

    Aber hallo, dieses kleine Wesen stellt die ganze Beziehung auf den Kopf?
    Manchmal schaue ich unsere Fotos aus der vorklein Sohn zeit an und denke: “wer sind die Beiden?”

    Trotzdem wäre es nicht gut, wenn dieses so verbindende Wesen, uns nicht verändern würde, der wille es perfekt zu machen, und zu merken, mein perfekt ist nicht gleich Papa sein perfekt.

    Es ist spannend, schön und mängisch eifach numä närvtötend asträngend u zum drvoluufä, aber i liebes!

    Merci für diner biträg, tuet immer guet ds gseh dasi soo gar nid älini bi!???

      Antworten
  • Gelassenheit ist DAS Zauberwort.
    Wir können de chliine Tüüfeli’s nicht unsere Lebensweisheiten aufdrücken, wir können nur begleiten.
    Ich und es paar alti Kumpels machen pro Jahr ein VaKi-Weekend ( dieses Jahr 5 Papis mit 14 Kids im Alter zwischen 10 Monaten und 12 Jahren). Wir haben da so ein Überlebensmotto:
    Geniesse den Moment!
    Wenn du mal 5 Minuten Ruhe hast (oder auch mehr), dann GENIESSE DIESE FUCKING 5 MINUTES und trink ein Bier! Wer weiss, was als nächstes auf dich zukommt, bzw. wieviel du die nächste Nacht schläfst, weil gerade eines deiner Kids das Essen nicht behalten kann (Oke, danach konnte keiner der 5 Papis mehr ruhig schlafen)…

      Antworten
    • Danke Stephan! Schreibe ich mir hinter die Ohren und GENIESSE DIESE FUCKING 5 MINUTEN wird mein Mantra für’s Wochenende. Promise! Auch wenn mein Kleiner Morgen auf der Zwei-Stunden-Wanderung nach 5 Minuten getragen werden will – ich werde diese ersten FUCKING 5 MINUTEN geniessen!

        Antworten
  • Sehr geil geschrieben.ach ich liebe solchen sarkasmus oder ist es keiner ? 🙂
    Und warum tun wir uns das nun zum vierten mal freiwilig an.wie naiv wir doch sind oder masochistisch veranlagt.wahrscheinlich fehlt uns sonst der kick in der beziehung…

      Antworten
  • Herrlich geschrieben, liebe Andrea, ich unterschreibe jeden Punkt! 👍🏼 Wir führen die Diskussion ums “Zeit für sich selber haben” geschätzt etwa alle 3 Monate… (unsere Kids sind 4 und 2 Jahre alt) Dazu arbeite ich im Schichtdienst inklusive Weekends, der liebe Mann wird daher noch zusätzlich beansprucht 🙈 Und er sagt immer wieder mal “Früher warst du noch spontan und lustig, heute bist du so seriös und erwachsen” meine Antwort darauf ist schlicht “Einer muss es ja sein..” 🙃 Nun, euphorisch ineinander verliebt wie am Anfang sind wir wahrscheinlich nicht mehr, aber man lernt neue Facetten vom Partner kennen, schätzen und genauso lieben 😌💖

      Antworten
    • Liebe Jeannine, genau so ist es. Habe mich kürzlich mit einer Freundin darüber unterhalten, welche Qualitäten der Vater der Kinder haben sollte. Ein Sixpack gehört sicher nicht dazu (ist aber trotzdem nice 😉 – sondern Durchhaltevermögen und Geduld. Und Diskussionsbereitschaft finde ich persönlich schon grossartig.

        Antworten
  • Oh ja… ich finde mich in deinem witzig geschriebenem Artikel gleich wieder!

    Alle reden dir ein unbedingt einen Geburtsvorbereitungskurs zu besuchen, denn dann bist du gewappnet.. von wegen!!!

      Antworten

Hinterlasse einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Warenkorb

loader